Rechtsgrundlage

In der (nicht schulischen) Praxis ebenfalls recht häufig sind Anfragen staatlicher Ermittlungsorgane nach so genannten Verbindungsdaten einzelner Nutzer eines Anbieters. Diese Daten fallen bei jedem einzelnen Telekommunikationsvorgang als nähere Umstände an. Anders als bei Bestandsdaten können durch die Erhebung, Speicherung und Preisgabe von Verkehrsdaten zum Beispiel Rückschlüsse auf einzelne individuelle Kommunikationsvorgänge ermöglicht werden (zum Beispiel wer mit wem auf elektronischem Wege kommuniziert hat, wer wie lange online war, welche Datenmengen hierbei übertragen wurden, vergleiche den Verkehrsdaten-Fall). Dies ist für Strafverfolgungsorgane oftmals von großem ermittlungstechnischem Interesse. Wegen ihres hohen Informationsgehalts und aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen sind die eben genannten Daten von Gesetzes wegen jedoch strenger geschützt als bloße Bestandsdaten. Auskünfte über Verkehrsdaten dürfen daher in aller Regel nur aufgrund einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage unter den nachfolgend genannten Bedingungen und unter Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen erteilt werden.

 

Die in der Praxis wichtigste Rechtsgrundlage findet sich hierbei in den §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO, welche gegenüber Strafverfolgungsbehörden eine Auskunft über genau bestimmte Verbindungsdaten zulassen. Weiter gehende Befugnisse für Auskünfte über Verbindungsdaten sind zum Beispiel im Bundesverfassungsschutzgesetz (§ 8 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG)), im Gesetz über den militärischen Abschirmdienst (§ 10 Gesetz über den militärischen Abschirmdienst (MADG)) oder im Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (§ 8 Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BNDG)) vorhanden, die in der Praxis jedoch eher eine untergeordnete Bedeutung spielen und daher - nicht zuletzt auch wegen weitgehend ähnlicher Voraussetzungen wie die entsprechenden Auskunftsansprüche nach der StPO - an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden sollen.

Begriff der Verkehrsdaten

Verkehrsdaten, auch (Telekommunikations-)Verbindungsdaten genannt, sind Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Es handelt sich in der Regel um technische Rahmendaten, die insbesondere zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung sowie zur Entgeltabrechnung einer Telekommunikationsverbindung notwendig sind (zum Beispiel dynamische IP-Adressen). Abhängig von der Art des erbrachten Dienstes kann es sich hierbei um verschiedenste Daten handeln. Gleichwohl begrenzt die StPO in (debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:537924) den zulässigen Umfang einer Auskunft über Verkehrsdaten auf folgende Informationen:

  • 1. im Falle einer Verbindung Berechtigungskennungen, Kartennummern, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung,
  • 2. Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit,
  • 3. vom Kunden in Anspruch genommene Telekommunikationsdienstleistung,
  • 4. Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit.

Reichweite der Auskunft

Über welche Daten muss Auskunft gegeben werden?

Für eine Schule als Anbieter eines auch privat nutzbaren Internetzugangs bedeutet dies, dass sie auf eine Anordnung nach den §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO (zu den formellen Voraussetzungen dieser Anordnung und den Auskunftsberechtigten sogleich) zum Beispiel über folgende Daten eines Nutzers Auskunft zu erteilen hat, sofern sie diese Informationen überhaupt gespeichert hat: verwendetes Protokoll (zum Beispiel HTTP, FTP, POP), dynamische IP-Adresse von Quell- und Zielserver, Datum und Uhrzeit des Abrufs (vergleiche Verkehrsdaten-Fall). Da es sich bei dem Betrieb eines E-Mail-Servers nach herrschender Ansicht ebenfalls um einen Telekommunikationsdienst handelt, gehören die hier anfallenden Rahmendaten (zum Beispiel Routing-Informationen, Sende- und Zustell-Zeitpunkte einzelner E-Mails) ebenfalls zu den Verkehrsdaten. Nicht zulässig sind im Falle einer Auskunftsanordnung über Verkehrsdaten nach §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO aber zum Beispiel Informationen über übermittelte Datenmengen, da diese trotz ihrer Eigenschaft als Verbindungsdaten nicht in der abschließenden Aufzählung der Befugnisnorm des § 100g StPO enthalten sind.

Rechtsgrundlage bei Kenntnis dynamischer IP-Adresse umstritten

Umstritten ist die Frage, wie die Strafverfolgungsbehörden vorzugehen haben, wenn ihnen lediglich eine dynamische IP-Adresse bekannt ist und sie hierauf basierend vom geschäftsmäßigen Telekommunikationsdiensteanbieter die Bestandsdaten (insbesondere Name und Adresse) desjenigen Nutzers herausverlangen wollen, dem diese IP-Adresse zu einem von den Strafverfolgungsbehörden näher bezeichneten Zeitpunkt zugewiesen war. Die Landgerichte Hamburg, Hechingen, Stuttgart und Würzburg haben hierzu im Jahr 2005 entschieden, dass Bestandsdaten nicht etwa nach den §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO herausverlangt werden müssen beziehungsweise können, sondern das Auskunftsbegehren direkt auf § 113 Telekommunikationsgesetz (TKG) gestützt werden kann. Wie dargestellt, haben die Sicherheitsbehörden bei § 113 TKG nur relativ niedrige Anforderungen zu beachten. Eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses durch ein Vorgehen nach § 113 TKG verneinen die genannten Landgerichte, obwohl auch die Zuordnung einer dynamischen IP-Adresse zu einer bestimmten Person mittels der beim Telekommunikationsdiensteanbieter gegebenenfalls vorhandenen Log-Files das Fernmeldegeheimnis sehr wohl berührt und nach § 113 Absatz 1 Satz 3 TKG Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis einer gesonderten gesetzlichen Ermächtigung bedürfen. Sollte die Ansicht der Landgerichte Bestand haben (was momentan noch nicht abzusehen ist), würde hieraus folgen, dass geschäftsmäßige Telekommunikationsdiensteanbieter - also auch Schulen, die ihren Schulangehörigen eine private Internetnutzung gestatten - selbst im Falle der bloßen Mitteilung einer von Ihnen vergebenen IP-Adresse durch die Strafverfolgungsbehörden insbesondere den Name und die Adresse der "hinter der IP-Adresse stehenden" Person nach § 113 TKG herauszugeben hätten.

Pflicht zur Speicherung von Log-Files besteht aktuell nicht

In diesem Zusammenhang ist noch zu beachten, dass weder § 113 Telekommunikationsgesetz (TKG) noch die §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO den Sicherheitsbehörden einen Anspruch darauf geben, dass bei den geschäftsmäßigen Telekommunikationsdiensteanbietern Log-Files geführt werden, die eine Zuordnung von dynamischen IP-Adresse zu konkreten Nutzern ermöglichen. Im Gegenteil sind geschäftsmäßige Telekommunikationsdiensteanbieter - und auch Telemedienanbieter - überhaupt nur in einem engen Rahmen zur Führung von Log-Files berechtigt (siehe dazu (debug link record:lo_unit:tx_locore_domain_model_unit:105831)). Die Situation wird sich insoweit aber mit der geplanten Einführung einer Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung ändern.

Welche Stellen dürfen eine Auskunft verlangen?

Auskunft über Verkehrsdaten dürfen insbesondere Gerichte und bei Gefahr im Verzug auch Staatsanwaltschaften in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (vergleiche (debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:537928) in Verbindung mit (debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:537914) StPO) verlangen. Die Polizeien des Bundes und der Länder dürfen von sich aus jedoch keine Auskunftsanordnungen treffen. Eine Auskunft an diese polizeilichen Stellen darf zur Strafverfolgung nur dann erteilt werden, wenn es in einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Anordnung ausdrücklich so bestimmt wurde.

Besondere formelle Voraussetzungen der Auskunftserteilung

Schriftliche Anordnung erforderlich

Auskünfte nach den §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO über Verkehrsdaten dürfen auch von Schulen als geschäftsmäßigen Anbietern entsprechender Dienste nur dann erteilt werden, wenn von der Strafverfolgungsbehörde eine schriftliche richterliche oder staatsanwaltliche Anordnung vorgelegt wird. In der Praxis dürfte hierfür die Übermittlung einer entsprechenden Anordnung per Telefax in aller Regel ausreichen, nicht jedoch eine nur mündliche oder telefonische Anordnung oder eine per E-Mail zugeleitete Anordnung.

Gesetzlich vorgegebener Inhalt

Die von der Behörde vorzulegende Anordnung muss zudem einen vom Gesetz vorgegebenen Inhalt aufweisen: In ihr müssen entweder der Name und die Anschrift des Betroffenen, gegen den sich die Anordnung richtet, sowie die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses enthalten sein. Nach inzwischen verbreiteter Praxis reicht dabei für eine "andere Kennung" schon die Angabe einer IP-Adresse, da hierdurch eine ausreichende Konkretisierung vorgenommen werde.

Angaben zu Art, Umfang und Dauer der Auskunftsmaßnahmen

In der Anordnung müssen darüber hinaus Art, Umfang und Dauer der angeordneten Auskunftsmaßnahmen angegeben werden. Zu beachten ist, dass eine Auskunftsanordnung nach den §§ § 100g Strafprozeßordnung (StPO), § 100h Strafprozeßordnung (StPO) StPO nicht nur über bereits geschehene und beim Anbieter gespeicherte Kommunikationsvorgänge angeordnet werden kann, sondern auch auf zukünftige Verkehrsdaten erstreckt werden darf. In solchen Fällen ist die Anordnung auf maximal drei Monate zu befristen. Es sind aber Verlängerungen möglich, die wiederum auf jeweils maximal drei Monate befristet werden müssen.

Anordnung formal korrekt? Unverzüglich Auskunft geben!

Entspricht die Anordnung den eben genannten formellen Voraussetzungen, so hat der Auskunftsverpflichtete unverzüglich (das heißt so schnell wie möglich) Auskunft über die verlangten Verkehrsdaten zu erteilen. Ebenso wie bei Auskünften über Bestandsdaten haben die mit der Erteilung der Auskunft konkret beauftragten Personen das so genannte Mitteilungsverbot zu beachten und daher gegenüber Dritten Stillschweigen zu wahren.