Anderer Schulbezirk: "Erdnussfreie" Schule als Grund?

Schulrechtsfall

Alle (Schul-)Jahre wieder kämpfen Eltern um die Wunschschulen für ihre Sprösslinge. Doch seit dem Mauerfall wird keine Grenze so sehr verteidigt wie die eines (Grund-)Schulbezirks. So sagt man zumindest in Berlin. Hat man einen Anspruch auf eine Ausnahme-Genehmigung wegen einer schweren Allergie?

Der konkrete Fall

Eltern stellten einen Antrag für den Besuch einer Grundschule außerhalb des eigenen Schulbezirks, da ihre Tochter an einer hochgradigen Erdnuss-Allergie leide. Der Kontakt zu kleinsten Mengen an Erdnuss könne zu lebensbedrohlichen anaphylaktischen Reaktionen führen. Die gewünschte Grundschule sei eine von dem Nuss-Anaphylaxie-Netzwerk e. V. anerkannte erdnussfreie Schule. Dort seien insbesondere die Lehrkräfte entsprechend für anaphylaktische Notfälle geschult.

Der Antrag der Schülerin wurde abgewiesen, es gab keine Ausnahmegenehmigung. Die Erdnuss-Allergie der Klägerin stelle keine eine Ausnahmegenehmigung rechtfertigende Besonderheit dar, begründete die Behörde ihre Ablehnung. Viele Kinder würden unter allergischen Reaktionen leiden und hätten Notfallsets dabei. Auch seien alle Lehrkräfte an niedersächsischen Schulen für medizinische Notfälle geschult.

Auf diese Entscheidung reagierten die Eltern der Schülerin mit einer Klage auf eine Ausnahmegenehmigung.

Die Entscheidung des Gerichts

Über die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover von 16. November 2021 (AZ: 6 A 3907/21) informiert das Rechtsportal des Deutschen Anwaltvereins anwaltauskunft.de.

Die Klage auf eine Ausnahmegenehmigung war erfolgreich. Die Schülerin kann die "erdnussfreie" Schule nun doch besuchen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung, entschied das Verwaltungsgericht Hannover.

Ausnahmegenehmigung für Wechsel des Schulbezirks

Ausnahmsweise könne der Besuch einer anderen Schule gestattet werden, wenn der Besuch der zuständigen Schule (Pflichtschule) eine unzumutbare Härte darstelle. Dies sei hier der Fall.

Bei einem Besuch der Wunschschule sei das Risiko einer Anaphylaxie im Verhältnis zu einem Besuch der Pflichtschule praktisch auf Null reduziert. Das Konzept "Erdnussfreie Schule" sei ein erprobtes und in der Praxis bewährtes Konzept. Von Bedeutung sei hierbei nicht, dass es sich um keinen vom Kultusministerium überreichten Zusatz handele. Für das Gericht war entscheidend, dass an der Schule eine erdnussfreie Umgebung herrsche. Wäge man diesen erheblichen Vorteil für das Leben und die Gesundheit der Klägerin auf der einen Seite mit dem öffentlichen Belang an der Einhaltung der Schulbezirke auf der anderen ab, so habe der öffentliche Belang im konkreten Einzelfall zurückzutreten.

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