Wer strafrechtlich oder ordnungsrechtlich verbotene Inhalte über das Internet zugänglich macht, ist hierfür grundsätzlich verantwortlich und deswegen im Regelfall auch strafbar. Allerdings gibt es hierzu auch Ausnahmen. Für ein vollständiges Bild über die Strafbarkeit wegen der Verbreitung von illegalen Inhalten, müssen deswegen auch noch die Fälle betrachtet werden, in denen jemand trotz Verbreitung der an sich verbotenen Inhalte nicht bestraft wird. Derartige Ausnahmen können sich unter den folgenden Gesichtspunkten ergeben:
Sozialadäquanz
Zunächst sehen bestimmte Inhaltsverbote selbst Ausnahmefälle vor, in denen der Gesetzgeber die Verbreitung der Inhalte als sozialadäquat ansieht. Für die hier einschlägigen Delikte sind vor allem das Berichterstattungsprivileg, das Erzieherprivileg für Eltern und das Privileg der staatsbürgerlichen Aufklärung sowie ähnlicher sozialadäquater Zwecke zu nennen. Gesetzessystematisch geht es hier um ausdrückliche gesetzliche Ausnahmen vom einschlägigen Verbotstatbestand. Diese Ausnahmen werden im folgenden vor allem auch deswegen separat dargestellt, da sie sich teilweise auf mehrere Verbotstatbestände beziehen.- (debug link record:lo_unit:tx_locore_domain_model_unit:166095)
Haftungsfilter
Spezielle Ausnahmevorschriften und "Haftungsfilter" gelten auch für Provider, die mit den illegalen Inhalten nur technisch befasst sind und nicht selbst Urheber der Inhalte sind (zum Beispiel Accessprovider, Host-Service-Provider). Der Grund für diese Ausnahmen liegt vor allem darin begründet, dass aufgrund der unüberschaubaren Vielzahl der Inhalte im Internet entsprechende Kontrollen für einen (zum Beispiel lediglich den Zugang vermittelnden) Provider technisch unmöglich und im Übrigen unzumutbar sind. Auch insoweit schränkt der Gesetzgeber - diesmal durch einen speziellen gesetzlichen "Haftungsfilter" für Provider - bereits den Tatbestand der einschlägigen Verbote oder Gebote ein.Rechtfertigungsgründe
Darüber hinaus können Verstöße gegen Strafvorschriften auch durch höherrangige (Gegen-)Interessen gerechtfertigt sein, die der Gesetzgeber in sogenannten Rechtfertigungsgründen anerkennt. Beispiele für solche Rechtfertigungsgründe sind zum Beispiel die Notwehr, der rechtfertigende Notstand, die sogenannte Wahrnehmung berechtigter Interessen und auch verfassungsrechtliche geschützte Grundfreiheiten wie zum Beispiel die Kunstfreiheit. Wenn derartige Rechtfertigungsgründe eingreifen, so liegt trotz eines Verstoßes gegen einen Verbots- oder Gebotstatbestand keine rechtswidrige Tat und kein Unrecht vor.- (debug link record:lo_unit:tx_locore_domain_model_unit:166088)
Fehlende Schuld
Darüber hinaus gibt es Gesichtspunkte, bei denen selbst bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Tat von einer Bestrafung des Täters abgesehen wird. Dies beruht darauf, dass Strafe stets auch Schuld voraussetzt. Die Schuld eines Menschen entfällt jedoch zum einen dann, wenn er noch so jung ist, dass ihm die Unrechtseinsicht fehlt (Minderjährige unter 14 Jahren), oder wenn er unzurechnungsfähig ist. Ein schuldhaftes Handeln liegt aber auch dann nicht vor, wenn der Täter aufgrund bestimmter Umstände (zum Beispiel drohende Gefahren für Leib und Leben) trotz eines rechtswidrigen Normverstoßes entschuldigt ist. Der Unterschied zwischen den Kategorien der Rechtswidrigkeit und der Schuld liegt dabei darin, dass die Rechtswidrigkeit zusammen mit der Tatbestandsmäßigkeit (das heißt dem Verstoß gegen den Verbots- oder Gebotstatbestand) das Unwerturteil über die Tat betrifft, während die Schuld das Unwerturteil über den Täter beinhaltet.- (debug link record:lo_unit:tx_locore_domain_model_unit:166090)
Irrtümer
Von besonderer Relevanz für die Verantwortlichkeit sind dabei Irrtümer des Normverstoßenden, die entweder den Vorsatz oder die Schuld entfallen lassen können. Irrt die handelnde Person über die Sachlage, so ist sie unter Umständen deshalb strafrechtlich nicht verantwortlich, weil sie nicht vorsätzlich gegen die betreffende Norm verstoßen hat (so genannter Tatumstandsirrtum). In anderen Fällen weiß die normverstoßende Person überhaupt nicht, dass sie verbotswidrig handelt, weil sie das betreffende Verbot entweder überhaupt nicht kennt oder ihr Tun unzutreffend für erlaubt hält, hier kommt eine Entschuldigung nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.- (debug link record:lo_unit:tx_locore_domain_model_unit:166092)