Überblick

In der Regel geht es dem Urheber eines Werkes nicht nur darum, dass sein Urheberpersönlichkeitsrecht (Veröffentlichungsrecht, Anerkennung der Urheberschaft, Schutz vor Entstellungen) gewahrt wird, sondern er möchte sein Werk auch wirtschaftlich verwerten oder zumindest durch sein Werk Aufmerksamkeit erregen und so potentielle Interessenten oder Kunden ansprechen. Eine wirtschaftliche Verwertung des Werkes findet üblicherweise dadurch statt, dass der Urheber dritten Personen ein Nutzungsrecht (eine Lizenz) einräumt und hierfür eine entsprechende Vergütung erhält. Um dies auch praktisch zu ermöglichen, ist es notwendig, dass andere Person die wirtschaftliche Verwertung(sabsicht) des Urhebers nicht etwa dadurch gefährden oder sogar zunichte machen, dass sie das Werk - außerhalb der gesetzlich zulässigen Fälle - kostenlos für ihre eigenen Zwecke ge- und missbrauchen.

 

Der Gesetzgeber schützt die wirtschaftliche Verwertung eines Werkes dadurch, dass er dem Urheber in den §§ 16 ff. Urheberrechtsgesetz (UrhG) so genannte ausschließliche Verwertungsrechte gewährt. Dies bedeutet im Ergebnis nichts anderes, als dass zunächst alleine der Urheber bestimmt, wie und durch wen sein Werk in körperlicher oder unkörperlicher Form verwertet wird.

 

Zu den körperlichen Verwertungsrechten - auf die sich die vorliegende Erörterung beschränkt - gehören insbesondere das Vervielfältigungs-, das Verbreitungs- und das Ausstellungsrecht. Im Internet besonders bedeutsam ist das Vervielfältigungsrecht, da eine Datenkommunikation ohne die Erstellung von Kopien nicht vorstellbar ist. Daher musste der Gesetzgeber in § 44a UrhG auch klarstellen, dass für die Datenkommunikation in einem Computernetz unerlässliche Vervielfältigungen, wie das vorübergehende Caching, unter bestimmten Voraussetzungen ohne Einwilligung und ohne eine Verursachung von Kosten zulässig sind.

 

Zur gesetzlichen Ausnahmeregelung der Vervielfältigung für den Unterricht oder zu Prüfungszwecken (§ 53 Abs. 3 UrhG) siehe in Kürze die Erläuterungen unter "Frei verwendbare Inhalte - Sonderregelungen für Schulen".

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Beispiele

Online-Tauschbörsen-Fall

Schüler S hat heimlich auf einem Computer des schulischen Internetcafés die Software einer so genannten Online-Tauschbörse installiert. Mit dieser Software ist es möglich, urheberrechtlich geschützte Werke von den Computersystemen anderer Teilnehmer auf das eigene Computersystem herunterzuladen und auf dem eigenen Computer befindliche Dateien zum Download anzubieten (so genanntes File-Sharing). Hiervon macht S regen Gebrauch und besorgt sich für seine eigenen Zwecke innerhalb einer Woche über 100 Musikstücke, an denen Urheberrechte der betroffenen Musiker beziehungsweise von Musikverlagen (Labels) bestehen. Irgendwelche Dateien bietet er seinerseits aber nicht zum Herunterladen durch Dritte an.

Kurzantwort

S hat durch das Herunterladen der Musikstücke Vervielfältigungen hergestellt, wodurch die Vervielfältigungsrechte der Musiker beziehungsweise Labels betroffen sind. Ob sich S hierdurch nun schadensersatzpflichtig oder sogar strafbar gemacht hat, war unter Juristen bis vor Kurzem umstritten, weil § 53 Absatz 1 UrhG private Kopien grundsätzlich gestattet. Da das Gesetz aber neuerdings die private Kopie eines Werkes aus einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle nicht gestattet, spricht bei der Benutzung eines File-Sharing-Systems viel für eine unzulässige Kopie. Dies nicht zuletzt deshalb, weil aufgrund von Medienberichten jedem interessierten Nutzer klar sein dürfte, dass dort nahezu ausschließlich Raubkopien zum Download angeboten werden.

Cache-Server-Fall

Das Gymnasium G betreibt in Eigenregie einen so genannten Proxy-Cache-Server. Dabei handelt es sich um ein spezielles Computersystem, welches einmal aufgerufene WWW-Seiten für einen gewissen Zeitraum zwischenspeichert, damit bei einem erneuten Aufruf der Seiten keine Internetverbindung hergestellt werden muss und dadurch Kosten gespart werden können. Die Konfiguration des Proxy-Cache-Servers des G entspricht der Standardkonfiguration solcher Geräte. Außerdem unterhält G noch einen Archiv-Server auf dem Lehrkräfte für sich sowie ihre Kolleginnen und Kollegen interessante Internetinhalte dauerhaft abspeichern können.

Kurzantwort

Sowohl der Betrieb des Proxy-Cache-Servers als auch des Archiv-Servers führt zu einer Herstellung von Kopien und damit einer Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke. Allerdings ist das Proxy-Caching unter Verwendung einer Standardkonfiguration nach § 44a UrhG ohne weiteres zulässig. Der Betrieb des Archiv-Servers in der beschriebenen Form geht jedoch zu weit, da es für § 44a UrhG an der notwendigen "Flüchtigkeit" der Vervielfältigung fehlt und auch keine Privilegierung des Urheberrechtsgesetzes ein schulinternes Archiv mit fremden elektronischen Informationen gestattet.

Computerspiel-Fall

Die fünfzehnjährige Schülerin S hat sich ein Computerspiel auf CD-ROM gekauft und dieses auf ihrem privaten Computer installiert. Nachdem S das Computerspiel durchgespielt hat, hat sie es von ihrem Computer deinstalliert. Danach verleiht sie die Original-CD regelmäßig kostenlos an Mitschülerinnen und Mitschüler. Hierzu hat sie im Forumsbereich der Schulhomepage ihrer Schule ein Inserat abgelegt, wonach sich jeder Interessent bei ihr melden und die CD-ROM ausleihen kann. Hiervon wird im Laufe der Zeit reger Gebrauch gemacht. Nach einigen Monaten fleißigen Verleihens verkauft S die CD-ROM mit dem Computerspiel über die Online-Versteigerungsplattform ebay.

Kurzantwort

S hat hier ein Computerspiel durch das Verleihen und den späteren Verkauf verbreitet, was das Verbreitungsrecht des Urhebers beziehungsweise des Spielherstellers nach § 17 UrhG berührt. Weil es sich bei dem von S gekauften Spiel um ein ordnungsgemäß in den Verkehr gebrachtes Vervielfältigungsstück handelt, kann ihr eine Weiterverbreitung der CD-ROM in Form des Verleihens oder eines Verkaufes aufgrund des so genannten "Erschöpfungsgrundsatzes" nicht untersagt werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie nicht selbst eine Kopie der CD-ROM behält oder das Spiel auf ihrem Computer installiert lässt. Für das regelmäßige Verleihen muss S dem Spielehersteller keine Vergütung bezahlen.
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