Überblick

Als kommerzielle Standardsoftware werden solche Computerprogramme bezeichnet, die grundsätzlich nur gegen Entgelt überlassen und nicht als Auftragsarbeit speziell für einen Nutzer programmiert werden. Standardsoftware ist gemäß § 69a Urheberrechtsgesetz (UrhG) urheberrechtlich geschützt, sodass für ihre Verwendung in weitem Umfang die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Rechteinhaber erforderlich ist. Dies geschieht im Rahmen eines Lizenzvertrages, der in der Regel vor der Installation der Software angezeigt wird und/oder der Software beiliegt.

Im Lizenzvertrag für eine kommerzielle Standardsoftware wird in der Regel festgelegt, ob und gegebenenfalls zu welchem Zweck die Erstellung von Programmkopien zulässig ist, welche "Eingriffe" in das Programm vorgenommen werden dürfen, auf wie vielen Arbeitsplätzen ein solches Computerprogramm genutzt werden darf oder ob der Einsatz in einem Netzwerk gestattet ist. Üblicherweise finden sich in den Lizenzbedingungen auch Bestimmungen zur erlaubten Weitergabe von Programmen oder zu Nutzungsbeschränkungen, wie etwa bei Schullizenzen.

Zu beachten ist, dass bestimmte Handlungen des Erwerbers eines Computerprogramms auch ohne Zustimmung des Rechteinhabers aufgrund gesetzlicher Erlaubnis nach den §§ 69a ff. UrhG zulässig sind und auch nicht durch besondere vertragliche Bestimmungen ausgeschlossen werden können. Hierzu gehört etwa das Laden des Computerprogramms in den Arbeitsspeicher (was als Vervielfältigung des Programms eigentlich der Einwilligung durch den Rechteinhaber bedürfte), da andernfalls eine sinnvolle Nutzung von Computerprogrammen gar nicht möglich wäre (so genannter abredefester Kern). Ebenso darf die Erstellung einer Sicherungskopie nicht vertraglich untersagt werden, wenn diese für die Sicherung einer zukünftigen Benutzung erforderlich ist.

Beispiele

Bürosoftware-Fall

Der Schule S wird für das Lehrerzimmer kostenlos ein PC samt Betriebssystem durch eine Elternspende zur Verfügung gestellt. Lehrer L beabsichtigt, auf diesem Computer Anwendersoftware zu installieren. Glücklicherweise findet er im Schrank des Sekretariats eine erst kürzlich von der Schule käuflich erworbene CD-ROM mit Bürosoftware, bestehend aus den neuesten Versionen von Programmen zur Textverarbeitung, Grafikbearbeitung sowie Tabellenkalkulation. Die Programme sind bereits auf dem Desktop-PC des Direktors und auf dessen dienstlichem Notebook im Einsatz. Gleichwohl installiert L auf dem neuen PC die Programme noch einmal. Nach dem der CD-ROM beigefügten Lizenzvertrag ist nur die gleichzeitige Installation auf einem Computersystem pro Lizenz gestattet. Ist die Vorgehensweise der Schule dennoch zulässig?

Kurzantwort

Jede Installation eines Computerprogramms auf einem Einzelplatzcomputer oder einem Netzwerk-Server, das heißt auf dessen Festplatte, stellt eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigungshandlung dar ((debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:530325)). Für die bestimmungsgemäße Nutzung eines käuflich erworbenen Computerprogramms ist jedoch die Installation unerlässlich und deshalb muss der Rechteinhaber hierzu nicht zwingend zustimmen. Er kann aber außerhalb des abredefesten Kerns im Lizenzvertrag nähere Regelungen vorsehen. Insbesondere wird meist genau festgelegt, auf wie vielen verschiedenen Computern die Software installiert und/oder gleichzeitig genutzt werden darf (Einplatz- oder Mehrplatznutzung).

 

Bei einer Einzelplatzlizenz ist die gleichzeitige Nutzung auf mehr als einem Arbeitsplatzrechner unzulässig. Für die Installation der Software auf dem Desktop-PC des Direktors, auf dessen Notebook und auf dem gespendeten Computer sind daher insgesamt drei Lizenzen erforderlich. Dabei kommt es, sofern die Lizenzbedingungen nicht ausdrücklich darauf abstellen, nicht auf die tatsächliche gleichzeitige Nutzung eines Programms auf mehreren Computern an, sondern darauf, wie viele Installationen durchgeführt wurden.

Systembetreuer-Fall

Die Schule S verfügt über 10 lizenzierte Einzelplatzversionen eines Englisch-Lernprogramms. Dieses ist zunächst auf der entsprechenden Anzahl von nicht vernetzten PCs installiert. Nachdem in der Schule aufgrund der großzügigen Spende des Fördervereins ein Netzwerk mit einem leistungsfähigen Server und zunächst 20 vernetzten Arbeitsplätzen eingerichtet wurde, sollen zur Vereinfachung der Rechnerbetreuung die in der Schule eingesetzten Programme zum Aufruf auf den vernetzten Arbeitsplätzen nur noch zentral auf dem Server installiert werden, so auch das Englisch-Lernprogramm. Die Installation auf dem Server erfolgt unter Zuhilfenahme eines speziellen Tools. Der Lizenzvertrag enthält jedoch nur Regelungen zum Einzelplatzeinsatz. Der Systembetreuer B möchte zunächst das Lernprogramm auf allen Arbeitsplatzrechnern deinstallieren und es anschließend so auf dem Server installieren, dass das Englisch-Lernprogramm von allen vernetzten Arbeitsplätzen aus aufgerufen werden kann. Ist dies zulässig?

Kurzantwort

Da vorliegend eine Installation auf einem Server stattfindet, liegt eine Vervielfältigung des Computerprogramms vor. Diese Vervielfältigung ist nach (debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:498618) ohne Zustimmung des Rechteinhabers zulässig, wenn keine andere vertragliche Regelung vereinbart wurde und die Installation auf dem Server noch zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Programms gehört. Die überwiegende Meinung in der Urheberrechtsliteratur geht jedoch davon aus, dass es bei einer Einzelplatzlizenz nicht zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehört, die Software auf einem Netzwerk-Server zu installieren (auch wenn dies technisch möglich ist). Als Begründung wird angeführt, dass beim Abruf des auf dem Server installierten Computerprogramms durch die Client-Rechner weitere Vervielfältigungen erfolgen, da das Programm dabei jeweils lokal in den Arbeitsspeicher eines Client-Rechners geladen wird. Für den Netzwerkeinsatz ist also in diesem Fall grundsätzlich eine gesonderte Erlaubnis einzuholen. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn wie im vorliegenden Fall mehrere Lizenzen vorliegen und außerdem sichergestellt wird, dass zu keinem Zeitpunkt mehr Rechner gleichzeitig Zugriff auf den Server haben, als Einzeplatzlizenzen vorhanden sind, erscheint immerhin diskussionswürdig. Soweit ersichtlich, wurde diese Frage in der Rechtsprechung aber noch nicht behandelt und die Urheberrechtsliteratur scheint ganz klar zwischen Einzelplatzbetrieb und Netzwerkbetrieb zu trennen.

Kompositionsprogramm-Fall

Schüler S kauft zwei unterschiedliche kommerzielle Kompositionsprogramme. Programm A wird durch Download von der Webseite des Anbieters zur Verfügung gestellt, Programm B erwirbt S auf einer CD-ROM. Beide Programme installiert er auf die Festplatte seines Rechners. Außerdem brennt S beide Programme zur Sicherung auf CD-ROM. Die Lizenzbedingungen beider Programme sehen vor, dass Sicherungskopien generell nicht erstellt werden dürfen. Darf S die Programme für diese Zwecke gleichwohl vervielfältigen?

Kurzantwort

Das Erstellen zumindest einer Sicherungskopie eines Computerprogramms darf in einer Lizenzvereinbarung grundsätzlich nicht untersagt werden. Voraussetzung ist jedoch immer, dass die Sicherungskopie zur Sicherung "künftiger Benutzung" erforderlich ist ((debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:498619)). Dies ist immer dann der Fall, wenn die Sicherungskopie eine auf der Festplatte gespeicherte Arbeitskopie oder den Originaldatenträger ersetzen soll, falls diese unbrauchbar werden.

 

Unstreitig ist daher das Fertigen einer Sicherungskopie bei Software erlaubt, die auf einer Diskette oder durch Download erworben wird, denn hier stehen rechtmäßig genutztes Originalprogramm und Arbeitskopie lediglich auf magnetischen Speichern zur Verfügung, die allgemein als beschädigungsanfällig gelten. Bei Softwareprodukten, die auf CD-ROM ausgeliefert werden, wird von einer verbreiteten Ansicht argumentiert, dass mit der Aushändigung der Original-CD-ROM bereits zugleich die erforderliche Sicherungskopie übergeben worden sei, da CD-ROMs nicht in gleichem Maße beschädigungsanfällig seien wie zum Beispiel Disketten.

Schulprojekt-Fall

Die Schule S plant ein aufwändiges Schulprojekt, bei dem verschiedene Videos, Präsentationen und eine Dokumentation mit eigenen Bildern angefertigt werden sollen. Da die Schule hierfür nicht über eine ausreichende technische Ausstattung verfügt, schenkt die Mutter einer Schülerin, die eine Werbeagentur betreibt, der Schule von der Werbeagentur vormals erworbene CD-ROMs mit kommerziellen Standardprogrammen zur Grafik-, Video-, und Musikbearbeitung. Die Computerprogramme werden von der Schule auf einem schulischen Multimedia-PC installiert. Da die Mutter die der Schule überlassenen Programme jedoch für ihre weitere Arbeit in der Agentur vorübergehend noch benötigt, deinstalliert sie diese vor der Übergabe nicht von dem Computer ihrer Agentur. Ist die Weitergabe der Programme an die Schule zulässig?

Kurzantwort

Jede Form der Weitergabe von Computerprogrammen, das heißt gleichgültig, ob zum Beispiel kostenlos oder gegen Entgelt, dauerhaft oder vorübergehend, zählt ebenso wie die Vervielfältigung zu den ausschließlich dem Rechteinhaber zustehenden Verwertungsrechten (vergleiche (debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:530315)) und bedarf daher in der Regel der Zustimmung des Rechteinhabers. Allerdings ist die Weitergabe eines Computerprogramms - mit Ausnahme der Vermietung - ohne weiteres zulässig, wenn das Programm mit Zustimmung des Herstellers oder Programmierers in Verkehr gebracht wurde, das heißt auf einem körperlichen Datenträger überlassen wurde (so genannter Erschöpfungsgrundsatz). Wird also ein Computerprogramm auf CD-ROM käuflich erworben, kann es ohne Zustimmung des Rechteinhabers an dritte Personen weitergegeben werden (mit Ausnahme der Vermietung, das heißt der Überlassung gegen Entgelt). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass derjenige, der ein käuflich erworbenes Computerprogramm weitergibt, keine Programmkopie zurückbehalten darf. Das Programm muss daher vor der Weitergabe deinstalliert werden und es dürfen keine Sicherungskopien zurückbehalten werden. Aus diesem Grund dürfen kommerzielle Standardprogramme, von denen Vervielfältigungsstücke (etwa auf CD-ROM gebrannt oder auf der Festplatte installiert) bei der Schule oder einer Lehrkraft verbleiben, in der Regel auch nicht an Schülerinnen und Schüler zur vorübergehenden Nutzung am häuslichen PC mitgegeben werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Lizenzbedingungen ausdrücklich etwas anderes bestimmen.

Betriebssystem-Fall

Lehrerin L hat zusammen mit einem Notebook ein Betriebssystem auf CD-ROM erworben. Ausweislich der Lizenzbedingungen darf das Betriebssystem nur zusammen mit der Hardware veräußert werden (so genannte OEM-Lizenz). Nachdem L eine neuere Version des Betriebssystems erworben hat, verkauft sie die CD-ROM mit dem alten Betriebssystem für wenige Euro an ihre Freundin. Ist dies zulässig?

 

Variante: Wäre das Beispiel anderes zu beurteilen, wenn das alte Betriebssystem unter einer "Lehrer-Lizenz" erworben worden wäre, wonach die Software nur an Schüler, Studierende und Lehrpersonal abgegeben werden darf, die Freundin aber nicht zu diesem Personenkreis gehört?

Kurzantwort

Entsprechend den Lizenzbedingungen wurde das Betriebssystem zusammen mit dem Notebook an L veräußert. Damit greift nach der wohl inzwischen herrschenden Meinung, vor allem auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der so genannte Erschöpfungsgrundsatz nach (debug link record:lo_unit_subpage:tx_locore_domain_model_unitpopup:530315) ein, das heißt das Computerprogramm darf nun an beliebige Dritte auch ohne die dazugehörige Hardware weitergegeben werden (mit Ausnahme einer Vermietung der Software). Mit anderen Worten: Die Beschränkung im Lizenzvertrag - hier des Verkaufs nur in Kombination mit Hardware - wirkt sich nur auf die Erstveräußerung durch den Händler aus, die sich anschließenden Weiterveräußerungen sind dagegen frei.

 

Variante: Das eben zu den OEM-Versionen Gesagte sollte auch für andere "Sondervertriebsformen", wie Schüler-, Lehrer- oder Schulversionen gelten. Erfolgt also die Erstveräußerung gemäß der Lizenzbedingungen (hier Verkauf an Lehrkraft L), so tritt nach herrschender Literaturmeinung auch hier die Erschöpfung nach § 69c Nr. 3 UrhG ein, mit der Folge, dass die Weiterveräußerung frei ist. Allerdings fehlt insoweit entsprechende Rechtsprechung.

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