Fall des Monats: Jugendschutzbeauftragte fürs Schulweb?
Dieser Beitrag informiert Sie über die gesetzlichen Bestimmungen zur Bestellung von Jugendschutzbeauftragten für Schulwebseiten. Sie erhalten einen Überblick über das Anforderungsprofil und die Aufgabenbereiche der Beauftragten.
Die Projektgruppe "Wir im Netz" der Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Mainz möchte nicht nur lo-net² nutzen, sondern auch eine eigene Schulhomepage erstellen. Die Schulplattform soll verschiedene Informationen anbieten und auch den virtuellen Austausch an der Schule fördern. Die Schülerinnen und Schüler können in verschieden Foren zu Themen wie "Erste Liebe - und dann?" ihre Meinung äußern und eigene Artikel schreiben. Im Bereich "Spiele" werden Empfehlungen für Computerspiele verlinkt und der "Kummerkasten" bietet ihnen die Möglichkeit sich über "Gewalt an der Schule" zu äußern. Die Lehrkräfte können in fachbezogenen Rubriken Inhalte erstellen und so beispielsweise auch Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg anbieten. Eine Suchmaschine soll allen Nutzerinnen und Nutzern das schnelle Auffinden von Beiträgen erleichtern. Stefan Simon, der projektleitende Lehrer, hat Bedenken wegen der jugendgefährdenden Inhalte und fragt einen befreundeten Anwalt, ob die Schulleitung eine Jugendschutzbeauftragte oder einen Jugendschutzbeauftragten bestellen muss.
Kurzantwort
Die Pflicht zur Bestellung von Jugendschutzbeauftragten ist in § 7 JMStV geregelt. Nach der Gesetzesnorm sind dazu "geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsgefährdende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, sowie Anbietern von Suchmaschinen" verpflichtet. Mit dem Begriff "geschäftsmäßige Anbieter" meint die Gesetzgebung nicht das kommerzielle, sondern das fortgesetzte Anbieten von problematischen Inhalten. Von "entwicklungsgefährdenden oder jugendgefährdenden Inhalten" ist nach der juristischen Kommentarliteratur bereits auszugehen, wenn potenziell jugendgefährdende Inhalte denkbar sind. Davon ist im vorliegenden Fall ebenso wie von dem fortgesetzten Anbieten der Schulhomepage auszugehen. Für die Geschwister-Scholl-Gesamtschule empfiehlt sich die Bestellung einer Jugendschutzbeauftragten oder eines Jugendschutzbeauftragten. Dafür spricht auch das Anbieten einer Suchmaschine, das im Gesetz ausdrücklich erwähnt wird.
Rechtliche Grundlagen im Einzelnen
An die Verpflichtung zur Bestellung von Jugendschutzbeauftragten knüpft die Gesetzesnorm § 7 JMStV einige Voraussetzungen, die im Folgenden einzeln dargestellt werden.
- Voraussetzungen für die Bestellpflicht von Jugendschutzbeauftragten
Hier erhalten Sie einen Einblick in die Voraussetzungen für die Bestellpflicht von Jugendschutzbeauftragten bei Betreiben einer Schulhomepage. - Konsequenzen für schulische Angebote
Durch das Angebot von entwicklungsgefährdenden oder jugendgefährdenden Inhalten können Schulen zur Bestellung von Jugendschutzbeauftragten verpflichtet werden. - Aufgaben, Qualifikation und Verantwortlichkeit von Jugendschutzbeauftragten
Jugendschutzbeauftragte müssen über die erforderliche Qualifikation verfügen und Ansprechpartner im Außen- sowie Berater im Innenverhältnis sein. - Delegationsmöglichkeiten
Um Haftungsrisiken für Lehrkräfte zu vermeiden, empfiehlt es sich, externe Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder die Dienste der FSM in Anspruch zu nehmen.
Fazit
Die gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung von Jugendschutzbeauftragten ist für Schulen nicht eindeutig geregelt. Auch fehlt es an einer einschlägigen Rechtsprechung, die Anhaltspunkte zur Bestellungspflicht und zu möglichen Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlung geben könnten. Die Schulleitung sollte daher prüfen, ob mit der Bereitstellung und Veröffentlichung der Schulhomepage jugendschutzrechtlich sensible Bereiche berührt werden. Von einer Bestellpflicht ist grundsätzlich auszugehen, wenn:
- die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Angebots Inhalte über Themen wie Computerspiele, Gewalt und Sexualität in Foren oder Gästebücher einstellen können.
- Inhalte im Rahmen des Unterrichts eingestellt werden, die jugendschutzrechtliche Relevanz haben, wie beispielsweise Sexualität und Gewalt
- externe Links eingebettet werden, die aufgrund ihrer Inhalte den Jugendschutz berühren
- eine Suchmaschine betrieben wird
Jugendschutzbeauftragte müssen über die erforderliche Qualifikation verfügen und Ansprechpartner im Außen- sowie Berater im Innenverhältnis sein. Um Haftungsrisiken für Lehrkräfte zu vermeiden, empfiehlt es sich, externe Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder die Dienste der Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) in Anspruch zu nehmen.
Zusatzinformationen
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Themen - Jugendgefährdende und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte
Hier erfahren Sie, welche Online-Angebote gegen jugendmedienschutzrechtliche Vorschriften verstoßen können und wie sich der Jugendschutz versus Informationsfreiheit verhält.
Im Web
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www.fsm.de
Die FSM informiert über Jugendschutz im Internet und unterhält eine Beschwerdestelle, bei der Sie Internetangebote mit jugendgefährdenden oder anderen illegalen Inhalten melden können.
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www.jugendschutz.de
Auf dieser Seite finden sich Adressen und Links zu den Fach- und Landesstellen zum Kinder- und Jugendschutz sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V.
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www.handbuch-jugendschutz.de
Das Online-Handbuch erläutert wichtige Begriffe des Kinder- und Jugendschutzes und wird in Kooperation zwischen der Universität Duisburg-Essen und der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz herausgegeben.
Der Fall des Monats
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Fall des Monats - Archiv
Seit Juni 2005 stellen wir Ihnen in der Rubrik "Der Fall des Monats zum Monatsbeginn einen fiktiven Fall aus der Schulpraxis und seine rechtlichen Hintergründe vor. Im Archiv finden Sie alle bisher erschienenen "Fälle des Monats".