Überblick

Das Urhebergesetz (UrhG) erlaubt durch die so genannten Schranken des Urheberrechts viele Nutzungen geschützter Inhalte ohne Einwilligung des Rechtsinhabers, oft auch ohne dass eine Vergütung gezahlt werden muss. Dabei sollen hier zunächst nur die Schranken von allgemeiner Bedeutung näher dargestellt werden. Zwar sind diese Schranken nicht speziell auf den schulischen Bereich zugeschnitten. Gleichwohl werden sie im Folgenden näher erörtert, denn sie haben auch im Schulalltag Bedeutung, da sie beispielsweise ermöglichen, dass Zeitungsmeldungen zu tagesaktuellen Neuigkeiten oder bestimmte Abbildungen auf der Schulhomepage veröffentlicht werden können. Das Zitatrecht, die Verwendung zum eigenen Gebrauch und die besonders auf den schulischen Bereich bezogenen Schrankenregelungen - etwa der §§ 52a, 53 Absatz 3 UrhG - werden wegen ihrer besonderen Bedeutung für den schulischen Bereich in eigenen Texten behandelt.

Beispiele

"Arbeitskreis Politik"-Fall

Lehrer L leitet den Arbeitskreis Politik. In einem Projekt zum Thema "Gentechnik" haben seine Schülerinnen und Schüler verschiedene Inhalte zusammengetragen, die L zur Selbstdarstellung des AK Politik möglichst vollständig auf der Homepage der Schule wiedergeben möchte. Unter anderem sind dies der Text der vom Bundespräsidenten Rau im Mai 2001 in der Berliner Staatsbibliothek gehaltenen "Berliner Rede" über ethische Grundfragen der Gentechnik, den L dem Internetauftritt des Bundespräsidialamts entnommen hat, Redebeiträge aus Bundestagsdebatten, Zeitungskommentare, die sich mit Raus Rede auseinandersetzen sowie Zeitungsmeldungen (reine Tatsachenberichte) über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Gentechnik. Kann L diese Inhalte ohne Einwilligung verwenden?

Kurzantwort

Die Verwendung der Inhalte auf der Schulhomepage ist eine öffentliche Wiedergabe (in Form der so genannten öffentlichen Zugänglichmachung) und § 48 Absatz 1 Nr. 1 UrhG erlaubt die öffentliche Wiedergabe einer in einer öffentlichen Versammlung gehaltenen oder durch eine öffentliche Wiedergabe veröffentlichten Rede über "Tagesfragen". Dabei gilt es hier aber zu beachten: Zwar wurde die Rede des Bundespräsidenten öffentlich gehalten und zudem im Internet veröffentlicht; es fehlt jedoch an dem erforderlichen aktuellen Bezug der Rede, die sich mit nicht tagesgebundenen Fragen auseinandersetzte. Schon deswegen muss L insoweit eine Einwilligung einholen.

 

Die Reden aus Bundestagsdebatten darf L demgegenüber ohne Einwilligung und Vergütung verwenden. Er muss allerdings die Quelle angeben.

 

Die öffentliche Wiedergabe von Zeitungskommentaren - hier zur Rede des Bundespräsidenten - ist zwar in der Regel ohne Einwilligung zulässig, da sie "politische Tagesfragen betreffen", nämlich einen aktuellen Vorgang kommentieren. Diese Regelung erlaubt es aber nicht, die Kommentare auch zu vervielfältigen, außer in einer Zeitung oder einem anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblatt (das sind zum Beispiel auch unternehmensinterne Pressespiegel). Da ein Text notwendigerweise vervielfältigt wird, wenn er als Datei auf dem WWW-Server abgespeichert wird, und die Projekthomepage keine Zeitung oder ein Informationsblatt ist, benötigt L hierfür doch eine Einwilligung.

 

Die Zeitungsmeldungen dürfen dagegen als Tagesneuigkeiten rein tatsächlichen Inhalts ohne Einwilligung und ohne Vergütung wiedergegeben werden, auch eine Quellenangabe ist hier entbehrlich.

Foto-Fall

Kunstlehrer K hat in der Schulaula eine öffentliche Ausstellung von Gemälden seiner Schülerinnen und Schüler organisiert und die Ausstellung mit Fotos der Gemälde dokumentiert. Am Ende des Schuljahres möchte K auf der Schulhomepage unter Verwendung dieser Fotos über die Ausstellung berichten. Sich selbst will er auf dieser Seite mit einem Portraitfoto vorstellen, das er in einem Fotogeschäft hat anfertigen lassen.

Kurzantwort

Um die Gemälde der Schülerinnen und Schüler öffentlich ausstellen zu können, benötigt K die Einwilligung seiner Schülerinnen und Schüler beziehungsweise ihrer Eltern, da das Ausstellungsrecht des Urhebers betroffen ist.

 

Das Abfotografieren der Bilder ist eine Vervielfältigung, das Einstellen ins Internet eine öffentliche Wiedergabe (in Form der öffentlichen Zugänglichmachung). Beides erfordert ebenfalls in der Regel die Einwilligung des Urhebers. Hieran ändert auch die Vorschrift des § 58 Absatz 1 UrhG nichts, denn diese erlaubt eine einwilligungsfreie Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung nur, wenn dies zum Zwecke der Werbung und zur Förderung der Veranstaltung erforderlich ist. An dieser engen Zweckbestimmung scheitert das Vorhaben des K.

 

Auch die so genannte Katalogbildfreiheit nach § 58 Absatz 2 UrhG (Erstellung eines nicht kommerziellen Ausstellungskatalogs) hilft K hier nicht weiter. Denn die Katalogfreiheit erlaubt nur eine körperliche Verwertung (beispielsweise Druck, Fotokopie), also nicht das Einstellen ins Internet. K bedarf daher in jedem Fall einer gesonderten Einwilligung seiner Schülerinnen und Schüler beziehungsweise deren Eltern.

Auch sein Portraitfoto kann K nicht ohne weiteres verwenden, da hieran Rechte des Fotografen bestehen. Zwar dürfte K das von ihm bestellte Foto ohne Einwilligung unentgeltlich verbreiten. Mit "Verbreiten" ist aber nur eine körperliche Weitergabe von Kopien gemeint; die öffentliche Zugänglichmachung des Fotos im Internet ist dagegen als unkörperliche Verwertungshandlung ebenfalls nur mit Einwilligung zulässig.