Präsenz-Unterricht während Corona: kein Anspruch auf "Null-Risiko-Situation"

Schulrechtsfall

Nur wenn der Präsenz-Unterricht unzumutbar ist, haben verbeamtete Lehrkräfte in Folge der Corona-Pandemie Anspruch, davon befreit zu werden. Es gibt keinen Anspruch darauf, an ihrer Schule eine "Null-Risiko-Situation" vorzufinden, da ein allumfassender Gesundheitsschutz während der aktuellen Situation nicht möglich ist.

Der konkrete Fall

Zehn verbeamtete Lehrkräfte wollten im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie von der Pflicht befreit werden, an ihren Schulen Präsenz-Unterricht zu halten. Sie stellten weiterhin Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz, die jedoch abgelehnt wurden. Ein Lehrer hatte seinen Antrag zurückgenommen. In einem Verfahren hat das Verwaltungsgericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für geboten erachtet.

Die verbliebenen Lehrkräfte haben keinen Anspruch auf Befreiung. Dieser besteht nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nur dann, wenn der Unterricht den Betroffenen unter Berücksichtigung der getroffenen Schutzmaßnahmen nicht zuzumuten ist.

Die Entscheidung des Gerichts

Kein Anspruch von Lehrkräften auf Null-Prozent-Risiko

Ein Anspruch auf ein "Null-Risiko" an Schulen besteht nicht – auch nicht für Menschen, die zu besonders betroffenen Personen-Gruppen gehören. Das geht aus mehreren Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 20. August 2020 hervor (AZ: 12 B 45/20 und anderen). 

Grundsätzlich sei aber auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Land Schleswig-Holstein) gegenüber den Lehrkräften zu berücksichtigen und entsprechend abzuwägen, so das Gericht weiter. Die bloße Zugehörigkeit zu einer der Personengruppen, bei denen allgemein häufiger schwere Krankheitsverläufe beobachtet würden, genüge für eine Befreiung nicht. Es muss in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob die oder der Betroffene der Gruppe der besonders schutzbedürftigen Personen angehört.

Schleswig-Holstein orientiert sich bei der Feststellung des besonderen Schutzbedarfs an den arbeitsmedizinischen Empfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Für das Gericht ist das eine Entscheidung, die nicht zu beanstanden sei. Die von den Schulen auf der Grundlage einer "Handreichung" des Landes getroffenen allgemeinen Hygiene-Maßnahmen bewertete das Gericht als ausreichend. Diese wurden teilweise noch um individuelle Schutzmaßnahmen für die Antrag-Stellenden ergänzt.

Allgemeine und individuelle Schutzmaßnahmen

Durch diese allgemeinen und individuellen Schutzmaßnahmen konnte das Risiko einer Ansteckung für die Lehrkräfte auf ein zumutbares Maß reduziert werden. Damit hat das Land unter Gesichtspunkten der Fürsorge und des Arbeitsschutzes das Risiko einer Ansteckung und damit eine Gefährdung der Lehrkräfte minimiert. Es gibt keinen Anspruch darauf, an ihrer Schule eine "Nullrisiko-Situation" vorzufinden, betonte das Gericht. Einen allumfassenden Gesundheitsschutz während der aktuellen Pandemie könne es nicht geben. Dies betreffe auch zahlreiche andere Tätigkeitsbereiche.

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