Corona: kein Anspruch auf Homeschooling für Schülerinnen und Schüler

Schulrechtsfall

Es ist relativ egal, ob sich Deutschland in der zweiten Welle der Pandemie oder in einer "Dauerwelle" befindet, wie ein prominenter Virologe jüngst konstatierte. Entscheidend ist, welche Rechte und Pflichten die Einzelnen haben. Mit den bisherigen Maßnahmen an den Schulen soll einer abstrakten Gefahr begegnet werden. Können Schülerinnen und Schüler sich deshalb von der Pflicht, zur Schule zu gehen, befreien lassen? Oder haben sie gar einen Anspruch auf Homeschooling?

Der konkrete Fall

Eine Schülerin wollte nicht mehr am Präsenz-Unterricht teilnehmen, da ihr Vater zur Corona-Risikogruppe gehört. Die Richter lehnten den Wunsch des Mädchens in diesem konkreten Fall ab.

Die Entscheidung des Gerichts

Grundsätzlich sind Schülerinnen und Schüler verpflichtet, am Präsenz-Unterricht teilzunehmen. Sie können sich auch dann nicht davon befreien lassen, wenn ein Haushaltsmitglied zur Coronavirus-Risikogruppe gehört. So entschied das Verwaltungsgericht Hannover am 10. September 2020 (AZ: 6 B 4530/20).

Corona: Anspruch auf Homeschooling bei abstrakter Gefahr?

Schülerinnen und Schüler können in besonders begründeten Ausnahmefällen allerdings von der Pflicht zum Schulbesuch befreit werden. Beispielsweise dann, wenn das Gesundheitsamt für einen bestimmten Zeitraum eine konkrete Infektionsschutz-Maßnahme an der Schule verhängt hat. Allgemeine Schutzmaßnahmen reichen nicht aus. Es müssen vielmehr konkrete Fälle vorliegen und Maßnahmen ergriffen worden sein. Und natürlich muss nachgewiesen werden, dass ein Haushaltsmitglied einer Risikogruppe angehört.

Befreiung von Präsenz-Unterricht bei Infektionsschutz-Maßnahme möglich

Eine allgemeine (nur) abstrakte Gefährdungslage reicht nicht aus. Die Schule habe für das Schuljahr 2020/2021 bereits besondere Hygiene-Regelungen aufgestellt, etwa die grundsätzliche Maskenpflicht im Schulgebäude, so das Gericht. In dem Fall, den das Verwaltungsgericht Hannover verhandelte, gab es aber keine konkrete Gefahr einer Infektion mit dem Coronavirus. Das zuständige Gesundheitsamt hatte keine Neuinfektion an der Schule nachgewiesen.

Wird aus der abstrakten aber eine konkrete Gefährdungslage, ermöglicht dies die Befreiung einer Schülerin oder eines Schülers von der Teilnahme am Präsenz-Unterricht. Und damit zur Teilnahme am "Homeschooling" für den Zeitraum, für den die Infektionsschutz-Maßnahme verhängt worden ist. Eine derart ausdifferenzierte Regelung bringe die widerstreitenden Interessen zwischen der Schulpflicht und dem staatlichen Schutzauftrag in verfassungskonformer Weise zu einem möglichst schonenden Ausgleich, erklärten die Richter.

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